Verlag des Forschungszentrums Jülich

JUEL-4253
Droste, Stefan
Simulations von Erosions- und Depositionsprozessen mehrkomponentiger Oberflächenschichten in Fusionsanlagen
X, 91 S., 2007

Die derzeitige Wahl der Wandmaterialien in dem Tokamak-Experiment ITER, dem nächsten großen Schritt auf dem Weg zur Energiegewinnung aus der kontrollierten Kernfusion, wird zur unvermeidlichen Bildung mehrkomponentiger Oberflächenschichten aus Wolfram, Kohlenstoff und Beryllium durch Erosion und Deposition führen. Der Einfluss dieser Schichten auf die Lebensdauer der Wandkomponenten und auf die Tritiumrückhaltung ist unklar. Daher sind Vorhersagen für die Erosionsprozesse, den Verunreinigungstransport und die Depositionsprozesse mit Hilfe von Computersimulationen wichtig. Dafür wird das 3D-Monte-Carlo-Programm ERO genutzt.
Bisher wurde die Oberfläche in ERO vereinfacht als homogene Mischung der Materialien in einer Interaktionsschicht des Substratmaterials beschrieben. In dieser Arbeit wurde ERO mit dem vorhandenen Monte-Carlo-Programm SDTrimSP zu dem Programm ERO-SDTrimSP gekoppelt, um Mischprozesse in der Oberfläche korrekt zu beschreiben. SDTrimSP beschreibt die Oberfläche, indem es den Transport von Ionen im Festkörper berechnet und über die Implantationstiefe der Ionen die Veränderung des Festkörpers tiefenaufgelöst verfolgt. In Abhängigkeit vom Konzentrationstiefenprofil ergeben sich Reflexionskoeffizienten der Projektile und Zerstäubungsausbeuten für die Atome des Festkörpers, die auf der Berechnung der Trajektorien in Bewegung gesetzter Festkörperatome beruhen. Da SDTrimSP dabei keine chemischen Prozesse berücksichtigt, wurde eine neue Methode entwickelt, die chemische Erosion von Kohlenstoff durch Wasserstoff in SDTrimSP zu implementieren.
Das neue Programm ERO-SDTrimSP wurde mit Experimenten am Tokamak TEXTOR verglichen, die dazu dienten, die Bildung mehrkomponentiger Oberflächenschichten zu untersuchen. Dabei wurde Methan CH4 durch Testlimiter aus Graphit und Wolfram über Bohrungen in Plasmaentladungen injiziert. Es zeigte sich eine sehr deutliche Substratabhängigkeit. Die Depositionseffizienz, d. h. das Verhältnis aus lokal deponiertem Kohlenstoff zur Menge des injizierten Kohlenstoffs, betrug für Graphit 4% und 0.3% für Wolfram. Das depositionsdominierte Gebiet auf dem Graphitlimiter bedeckte eine fünfmal größere Fläche als das auf dem Wolframlimiter.
Die Simulation dieser Experimente mit ERO-SDTrimSP zeigte ebenfalls einen klaren Substratunterschied von 2% Depositionseffizienz für Graphit und weniger als 0.5% für Wolfram in guter Übereinstimmung mit den Messungen. Der Grund für die Substratabhängigkeit liegt im Wesentlichen in der höheren physikalischen Zerstäubungsausbeute eines dünnen Kohlenstofffilms auf dem Wolframsubstrat im Vergleich zum Kohlenstoffsubstrat. Im Gegensatz zu der früher verwendeten vereinfachten Annahme einer homogenen Materialmischung kann das Phänomen der Substratabhängigkeit erst jetzt mit ERO-SDTrimSP nachvollzogen werden.
Ein wichtiges Ergebnis des Vergleichs Experiment-Simulation war, dass die effektive Haftwahrscheinlichkeit für auf die Oberfläche treffende Kohlenwasserstoffradikale praktisch gleich Null ist. Weiterhin zeigte sich, dass der lokal redeponierte Kohlenstoff Schichten bildet, deren Erosion um einen Faktor 10 höher ist als die des normalen Graphits. Dies kann mit der Bildung amorpher wasserstoffreicher Kohlenstoffschichten erklärt werden, die sich durch die Deposition mit niederenergetischen Kohlenstoffionen bilden.
Die Simulation des Verunreinigungstransports im Plasma wurde durch den Vergleich mit spektroskopischen Daten, d. h. der zweidimensionalen Verteilung der CH- und CIIILinienemission über dem Testlimiter, überprüft. Für die noch verbleibende Abweichung der Simulation vom Experiment wird insbesondere im Fall der Graphitoberfläche vermutet, dass die Oberflächenrauigkeit, die in den Simulationen noch nicht berücksichtigt wird, eine wesentliche Rolle spielen könnte.
Mit ERO-SDTrimSP steht nun ein Werkzeug zur Simulation mehrkomponentiger Oberflächenschichten in Fusionsanlagen und damit auch für eine bessere Vorhersage der Erosions- und Depositionsprozesse in ITER zur Verfügung.


The next big step on the way to energy production by means of magnetic confinement fusion will be the Tokamak experiment ITER. The present choice of first wall materials in ITER will unavoidably lead to the formation of mixed carbon, tungsten and Beryllium layers. The impact of these layers on life time of wall components and tritium retention in ITER is unclear. Therefore predictive modelling of erosion processes, impurity transport and deposition processes is important. For this the 3D Monte-Carlo code ERO can be used.
Until now, the surface in ERO was described simply as a homogeneous material mixture in a given interaction layer of wall components. In this thesis ERO has been coupled to the existing Monte-Carlo code SDTrimSP to describe material mixing processes in wall components correctly.
SDTrimSP describes the surface by calculating the transport of ions in solids. It keeps Crack of the depth dependent material concentration caused by the implantation of projectiles in the solid. The calculation of movements of the recoil atoms within the solid gives reflection coefficients and sputtering yields. Since SDTrimSP does not consider chemical processes a new method has been developed to implement chemical erosion of carbon by the impact of hydrogen projectiles.
The new code ERO-SDTrimSP was compared to TEXTOR experiments which were carried out to study the formation of mixed surface layers. In these experiments methane CH4 was injected through drillings in graphite and tungsten spherical limiters into the plasma. A pronounced substrate dependence was observed. The deposition efficiency, i.e. the ratio of the locally deposited to the injected amount of carbon, was 4% for graphite and 0.3% for tungsten. The deposition-dominated area on the graphite limiter covers a five times larger area than on the tungsten limiter.
Modelling of this experiment with ERO-SDTrimSP also showed a clear substrate dependence with 2% deposition efficiency for graphite and less than 0.5% for tungsten in good agreement with the experiment. The reason for the substrate dependence is mainly explained by the higher physical sputtering yield of a thin carbon film on top of tungsten substrate compared to graphite substrate. In contrast to the simplifying assumption of homogeneous material mixing in the past, the phenomena of substrate dependence can now be understood with ERO-SDTrimSP.
An important result of the comparison between experiment and simulation was that the effective sticking of hydrocarbon radicals hitting the surface must be negligible. Furthermore, it was shown that local re-deposited carbon layers are 10 times more effectively eroded than ordinary graphite. This is explained by the formation of hydrogen-rich carbon layers which are formed by carbon ions with low impact energy.
Simulation of the impurity transport in the plasma was checked by comparison with two dimensional light emission distributions of CH and CIII lines in front of the limiters. For explaining the remaining discrepancy in the simulation of deposition on graphite the surface roughness, which is not yet included in the model, might be a key parameter. Now that the simulation Cool ERO-SDTrimSP has been supplied it can be used to model mixed surface layers in fusion facilities and, in particular, it will be used to improve the quality of predictions of erosion and deposition processes in ITER.

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