Verlag des Forschungszentrums Jülich
JUEL-4121
Fischer, Thomas
Lipid Biomarkers in Lacustrine Sedimentary Archives
XXIV, 249 S., 2004
Mit dem wachsenden Verständnis des menschlichen Einflusses auf das System
Erde zielt eine zunehmende Anzahl von wissenschaftlichen Untersuchungen auf
die Auswirkungen sich verändernder Umwelt- und Klimabedingungen . Eine detaillierte
Voraussage, wie sich beispielsweise zunehmende atmosphärische Temperaturen
auf die Zusammensetzung von terrestrischer und aquatischer Vegetation
auswirken, bleibt allerdings ohne ein detailliertes Wissen vergleichbarer klimatischer
Änderungen während der Vergangenheit schwierig.
Mehrere Archive, die Veränderungen von Umwelt- und Klimabedingungen auf
variierenden Zeitskalen und in unterschiedlicher zeitlicher Auflösung konservieren,
wurden bisher evaluiert. Dabei werden Veränderungen allerdings nicht direkt messbar
aufgezeichnet. Vielmehr müssen die gemessenen Proxy-Daten interpretiert und
mit Umwelt- und Klima-Parametern korreliert werden.
Lakustrine Sedimente werden im Sinne der Paläolimnologie im allgemeinen als ausgezeichnete
Archive betrachtet. Sedimente von zwei Maar-Seen, eine Sonderform
von Kraterseen vulkanischen Ursprungs, wurden für die vorliegende Untersuchung
als Archive ausgewählt. Die Lipid-Zusammensetzung von Sedimenten des Holzmaars
und des Meerfelder Maars wurde hinsichtlich unterschiedlicher Anteile an
autochthonem und allochthonem organischen Material untersucht. In einem zweiten
Schritt wurden detektierte Änderungen der Quellen des löslichen organischen
Materials mit umweltspezifischen und klimatischen Anderungen korreliert. Um
den regionalen Charakter dieser Untersuchung zu überwinden, wurden Sedimente
des Großen Treppelsee im Osten Brandenburgs unter der gleichen Zielsetzung un-
tersucht . Ein ausgewählter Profilabschnitt des Meerfelder Maars, der die Jüngere
Dryas und den Übergang zum frühen Holozän enthält, wurde schließlich unter der
höchsten erreichbaren zeitlichen Auflösung untersucht, um die Reaktion der Vegetation
auf die klimatischen Veränderungen möglichst detailliert zu untersuchen.
Geochemische Summenparameter (TOC, TIC, TS, TN, HI, OI) wurden als
Basis-Daten gemessen. Die Lipide wurden mit Hilfe eines Flow-Blending Verfahrens
extrahiert und anschließend unter Benutzung eines semipräparativen
flüssigkeitschromatographischen Verfahrens in Substanzklassen getrennt. Die Fraktionen
der aliphatischen Kohlenwasserstoffe, der Karbonsäuren sowie der Alkohole
und Sterole wurden mittels Gaschromatographie (GC) und Gaschromatographie-
Massenspektrometrie (GC-MS) inventarisiert. Die GC-MS Analysen dienten der
Identifizierung von einzelnen Verbindungen anhand ihrer Massenspektren und
durch Vergleich dieser mit authentischen Standards bzw. Literaturdaten. GC Analysen
dienten der Quantifizierung von Einzelverbindungen.
Eine zwingende Voraussetzung für die Korrelation von Lipidverteilungen mit
Umwelt- und Klimabedingungen ist ein guter Erhaltungszustand des untersuchten
sedimentären Materials. Durch die Verwendung verschiedener Parameter
(TOC/ TS-, Pristan/ Phytan- und URFA-Verhältnisse) konnte ein guter Erhaltungszustand
der untersuchten sedimentären Archive bestätigt werden. Ein teilweiser
Verlust von organischem Material konnte zwar nicht ausgeschlossen werden,
aber die Zusammensetzung des organischen Materials erwies sich als gering
durch diagenetische Effekte überprägt. Es konnte daher geschlußfolgert werden,
daß Veränderungen der Lipid-Zusammensetzung in Verbindung mit Variationen
der Quell-Populationen in den Seen und ihren Einzugsgebieten als Ergebnis sich
ändernder Umwelt- bzw. Klimabedingungen stehen.
Anschließend wurden die detektierten Lipide ihren Quell-Organismen bzw. Organismengruppen
zugeordnet . Im Falle der gesättigten, unverzweigten Lipide konnte
die allgemein akzeptierte Zuordnung zu aquatischen Organismen bzw. Landpflanzen
durch Clusteranalyse bestätigt werden. Aufgrund der Ergebnisse mussten jedoch
die in jüngster Zeit vorgeschlagenen Proxy-Verbindungen für aquatische Macrophyten
im mittleren Kettenlängenbereich modifiziert werden.
Die Anwendung der Ergebnisse auf die untersuchten Sedimentprofile ergab einen
bedeutenden Beitrag terrestrischer Vegetation, die sich nach der letzten Eiszeit in
den Einzugsgebieten entwickelte, zum sedimentären organischen Material. Wesentliche
Unterschiede im Wachstum aquatischer Macrophyten fanden sich darüber
hinaus zwischen den beiden Maarseen. Die Untersuchung ausgewählter langkettiger
Homologe erlaubte außerdem eine Spezifizierung variierender Anteile von
Busch- und Strauch- gegenüber Baum-Vegetation.
Nachdem die Primärproduktion als Quelle organischen Materials durch die Verwendung
geradkettiger Lipide unterrepräsentiert erschien, erlaubte die Detektion
verschiedener Sterol-Homologe eine verlässlichere Rekonstruktion. Zusätzlich
zu einem generellen Ansatz, der auf der Anzahl von Kohlenstoff-Atomen basiert,
wurden komponenten-spezifische Parameter angewandt und modifiziert.
Die Variationen der verschiedenen Quellen organischen Materials in den untersuchten
Seen und deren Einzugsgebieten bildeten schließlich den Rahmen zur Rekonstruktion
der Entwicklung von Umwelt- bzw. Klimabedingungen. Neben der
Rekonstruktion der generellen Klimaverbesserung am Übergang von der letzten
Eiszeit zum Holozän und weiter zum Holozänen Optimum, die sowohl die autochthone
als auch die allochthone Produktivität beeinflusst hat, konnte auch
ein lokales Phänomen des Meerfelder Maars anhand verschiedener Biomarker-
Parameter nachgewiesen werden. Ein gegenüber heute leicht erhöhter Wasserspiegel
während des Holozänen Optimums hat offensichtlich zur Ausbildung einer
ausgedehnten Flachwasserzone geführt. Die hierdurch veränderte Zusammensetzung
des Okosystems spiegelt sich in der Zusammensetzung zahlreicher Biomarker-
Parameter wider.
Die Untersuchung eines zeitlich hochaufgelösten Profilabschnitts aus dem Meerfelder
Maar trägt schließlich entscheidend zur derzeitigen Diskussion über Klimaveränderungen
während der Jüngeren Dryas bei. Die Daten des untersuchten
Profilabschnitts zeigen eine deutliche und zeitlich scharf abgegrenzte Veränderung
der Zusammensetzung des sedimentären organischen Materials. Eine vermutete
Änderung des Laufes des Meerbaches in das Meerfelder Maar hinein während der
späteren Jüngeren Dryas kann die abrupte Änderung der Zusammensetzung des
organischen Material erklären. Die kontinuierlicheren Variationen anderer Parameter
sind jedoch eher auf klimatisch bedingte Veränderungen der Vegetation im
Einzugsgebiet des Meerfelder Maars zurückzuführen. Ein Vergleich mit anderen
Maarseen der Eifelregion erscheint daher sinnvoll, um die lokalen Phänomene von
Klimavariabilitäten besser zu unterscheiden und die bestehende Diskussion um
das Klima zur Jüngeren Dryas zu unterstützen.
With the growing understanding of human influence on the Earth system, an
increasing number of scientific investigations focuses on vegetation responses to
changing environmental and/or climatic conditions. A detailed prediction, how
e.g. increasing atmospheric temperatures affect the composition of terrestrial
and aquatic vegetation composition, however, remains difficult without a detailed
knowledge of comparable changes during the past.
A number of archives recording changes in environmental and/or climatic conditions
under varying temporal integration and resolution have been evaluated up
to now. Changing conditions are, however, not recorded directly. Measured proxyparameters
need to be interpreted and correlated to environmental and climatic
parameters.
Lacustrine sedimentary archives are generally regarded as excellent archives in
terms of paleolimnology. Sediments of two maar lakes, a special form of crater
lakes, have been selected as sedimentary records for the study presented here. The
lipid composition of Lake Holzmaar and Lake Meerfelder Maar sediments has been
evaluated with respect to varying proportions of autochthonous and allochthonous
organic matter contribution. In a second step, detected changes in organic matter
contributing sources were correlated to environmental and climatic changes . In order
to overcome the reginal scale of this investigation, sediments from Lake Großer
Treppelsee, eastern Brandenburg, were added to this study and investigated under
the same programme. A selected section of Lake Meerfelder Maar sedimentary
profile including the Younger Dryas cold period and the transition to the early Ho-
locene was finally analysed under highest achievable temporal resolution to detect
vegetation response to climatic change in high detail.
Bulk organic geochemical parameters (TOC, TIC, TS, TN, HI, OI) were measured
as fundamental data. Lipids were extracted using a flow blending method
and further separated into compound specific fractions using a semi-preparative
liquid-chromatographic separation procedure. The fractions of aliphatic hydrocarbons,
carboxylic acids and alcohols plus sterols were inventoried by means of
gas chromatography (GC) and gas chromatography-mass spectrometry (GC-MS).
GC-MS was performed in order to identify individual compounds by interpretation
of mass spectra and comparison with authentic standards and/ or literature
data; GC was performed for quantification of these compounds.
A compelling prerequisite for the connection between lipid distributions and environmental
and/ or climatic conditions is a good preservation of the investigated sedimentary
matter. Using three different parameters, TOC/ TS, Pristane/ Phytane
and URFA ratios, it could be confirmed that the investigated sedimentary records
are well preserved. A partial loss of organic matter could not be excluded, however,
the organic matter composition was found to be not overprinted by diagenetic effects
by far. It was therefore concluded, that changes in the lipid composition are
related to changes in the organic matter contributing community in and around
the investigated lakes as a result of changing environmental and/ or climatic conditions.
At next, detected lipids were assigned to their respective source- and/ or source
organism groups. In the case of normal chain lipids, the generally accepted assignment
to aquatic sources and land plants could be confirmed by cluster analysis.
Based on this analysis, the recently suggested marker molecules of aquatic macrophytes
in the middle chain length range, however, had to be modified du to a
slightly different assignment of the respective homologues.
The application of these findings to the investigated sedimentary profiles identified
a prominent contribution of higher land plants to the sedimentary organic matter
fraction of all three profiles, that developed after the last Glacial. Important differences
in aquatic macrophyte growth were further found between the two Eifel
Maar Lakes. The investigation of selected long chain homologues further allowed
VI a specification of changes in the contribution of herbs and shrubs vs. trees during
times.
After the primary production seemed to be underestimated as an organic matter
source from the detected normal chain lipids, a more reliable reconstruction was
allowed by the composition of several sterol homologues in the sedimentary records .
In addition to the more general approach based on carbon numbers of detected
individual sterols, known compound specific parameters were applied and modified
in the present study.
The changing composition of the organic matter contributors in and around the
investigated lakes was finally used as a framework to asses the development of environmental
and/ or climatic conditions in the respective catchment areas. Beside
the reconstruction of the climate amelioration at the late Glacial/ early Holocene
transition and further towards the Holocene climate optimum, that was shown to
effect both autochthonous and allochthonous productivity, a regional phenomenon
of Lake Meerfelder Maar became obvious from various biomarker parameters. Accordingly,
a slightly increased lake level during the Holocene climate optimum
seems to have caused an extensive shallow water zone. The consequently changed
composition of the ecosystem was shown to be reflected in the biomarker composition.
The investigation of the temporally high resolved core section of Lake Meerfelder
Maar finally substantially supported the recent discussion on climatic change during
the Younger Dryas period of cooler temperatures, which was former seen to
be homogeneous. The data of the investigated profile section yielded a significant
and sharp shift in the composition of the sedimentary organic matter during the
Younger Dryas. A supposed change of the Meerbach stream into Lake Meerfelder
Maar during the late Younger Dryas might explain the abrupt shifts. The more
continuous shifts of other proxy compounds, however, also support a climatically
driven change of the vegetation in the catchment area of Lake Meerfelder Maar.
A comparison with sediments from other maar lake sediments thus may be useful
to separate local phenomena from climatic change and to support the ongoing
discussion on the Younger Dryas climate.
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