Verlag des Forschungszentrums Jülich

JUEL-4045
Stephan, Klass Enno
Untersuchungen zur funktionellen Konnektivität des Gehirns
96 S., 2003

In der hier vorgelegten Arbeit werden zwei komplementäre Aspekte der funktionellen Konnektivität - Kontext-Invarianz und Kontext-Spezifität - im Gehirn des Makaken und Menschen anhand zweier separater Studien untersucht.

In der ersten Studie wurde mittels dreier unabhängiger Methoden eine Metaanalyse publizierter elektrophysiologischer Daten zur kontextunabhängigen funktionellen Konnektivität des Makakenkortex durchgeführt . Es handelte sich dabei um fast 4.000 einzelne Befunde zu Arealinteraktionen, die mit der Methode der Strychnin-Neuronographie erhoben wurden. Die unabhängigen Analysen erbrachten übereinstimmende Ergebnisse und zeigten, (i) dass das Netzwerk funktioneller Interaktionen zwischen kortikalen Arealen klare Small World-Eigenschaften (eine deutliche Clusterstruktur bei kurzer mittlerer Pfadlänge) zeigt, und (ii) dass diese Struktur im wesentlichen durch drei funktionelle Cluster geprägt wird, einen sensomotorischen, einen visuellen und einen orbito-temporo-insulären Cluster von Arealen . Diese Studie erbrachte damit zum ersten Mal den Nachweis einer funktionellen Small World- Netzwerkstruktur des Primatenkortex, die in der bisherigen Literatur zwar postuliert, aber nicht nachgewiesen worden war.

In der zweiten Studie wurde der Effekt des atypischen Neuroleptikums Olanzapin auf die funktionelle Konnektivität des Zerebellums im Kontext einer einfachen motorischen Aufgabe (selbstgesteuertes Fingertapping) untersucht. Sechs schizophrene Patienten, die Neuroleptikanaiv bzw. -entwöhnt waren, sowie sechs alters- und geschlechtsentsprechende Kontrollprobanden wurden im Abstand von jeweils drei Wochen mit funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) untersucht. Die Patienten waren zum Zeitpunkt des ersten Scans ohne Medikation ; der zweite Scan erfolgte nach dreiwöchiger Olanzapin-Einnahme . Die Analysen der fMRT-Daten zeigten, dass im Rahmen der untersuchten motorischen Aufgabe
(i) Olanzapin zu starken Änderungen der zerebellären funktionellen Konnektivität (ZFK) in verschiedenen Hirnregionen führte . Ein Schwerpunkt der ZFK-Änderungen lag dabei auf dem präfrontalen Kortex sowie dem mediodorsalen Thalamus. Diese Befunde sind von Relevanz für das Konzept der "cognitive dysmetria" .
(ii) signifikante ZFK-Änderungen in motorischen Arealen sich sowohl innerhalb der Patientengruppe nach Medikation als auch in der medikationslosen Kontrollgruppe nach Wiederholung des Experiments fanden . Sie entsprechen damit eher unspezifischen Wiederholungseffekten denn medikationsspezifischen Effekten . In einer anschliessenden Analyse, in welcher dieser Wiederholungseffekt berücksichtigt wurde, fanden sich keine signifikanten ZFK-Änderungen in motorischen Regionen .
(iii) Olanzapin zu einer Normalisierung der ZFK-Muster der Patienten für das rechte Zerebellum, nicht aber für das linke Zerebellum führte.

Diese Studie lieferte die ersten experimentellen Befunde zum Einfluss atypischer Neuroleptika auf die funktionelle Konnektivität des Hirns überhaupt und wies deutliche medikationsbedingte Kopplungsveränderungen zwischen Zerebellum, Thalamus und präfrontalem Kortex bei schizophrenen Patienten nach.

This dissertation includes two independent studies that investigate two complementary aspects of functional connectivity, i .e. context-invariance and context-specificity, in the Macaque and the human brain .

In the first study, a computational meta-analysis of published electrophysiological data an context-independent functional brain connectivity was conducted by means of three independent methods . Almost 4,000 individual experimental findings an interactions between areas of the Macaque cortex (obtained by strychnine neuronography) were analyzed. The independent analyses gave compatible results and showed that (i) the network of functional interactions between cortical areas showed clear small world" characteristics (i .e. a strongly clustered structure with short average path length), and that (ii) this structure contained three main functional clusters, i .e. sensorimotor, visual, and orbito-temporo-insular groups of areas. This study thus provided first evidence for a functional small world" architecture of the primate cortical network. This type of architecture had previously been postulated in the literature, but had not been directly demonstrated .

The second study investigated the effects of the atypical antipsychotic substance olanzapine an the functional connectivity of the cerebellum during a simple motor task (self-paced finger tapping). Six schizophrenic patients and six control subjects matched for age and sex were investigated by functional magnetic resonance imaging (fMRI) twice. At the time of the first scan, patents were not medicated ; the second scan took place after three weeks of medication by olanzapine. The analyses of the fMRI data showed that, in the context of the investigated motor task,
(i) olanzapine led to pronounced changes of cerebellar functional connectivity (CFC) in various brain regions. A major part of three changes were found throughout the prefrontal cortex and the mediodorsal thalamus . These findings are relevant for the concept of "cognitive dysmetria" .
(ii) significant CFC changes in motor areas were found both within the patient group after medication as well as in the non-medicated control group after repetition of the experiment. Therefore, they may correspond to unspecific repetition effects rather than effects due to olanzapine. In a subsequent analysis that took the repetition into account no significant CFC changes were found in motor regions.
(iii) olanzapine normalized the CFC patterns of the patients for the right, but not for the left cerebellum.

This study provided the first experimental data an the effects of atypical antipsychotic agents an functional brain connectivity and demonstrated pronounced olanzapine-dependent changes of functional couplings between cerebellum, thalamus, and prefrontal cortex .

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Letzte Änderung: 07.06.2022