Verlag des Forschungszentrums Jülich

JUEL-3914
Friberg, Lothar Johannes
Untersuchungen zur Temperatur- und Absenkungsgeschichte sowie zur Bildung und Migration von Methan und molekularem Sticckstoff im Nordostdeutschen Becken
XVI, 248 S., 2001

Die Ternperatur- und Absenkungsgeschichte sowie die Bildung und Migration von Methan und molekularem Stickstoff wurde für den nördlichen Teil des Nordostdeutschen Beckens (Mecklenburg- Vorpommern und angrenzende Gebiete) in einem interdisziplinären Ansatz geologischer, geochemischer und petrophysikalischer Methoden unter Verwendung der Beckensimulationssoftware PetroMod® untersucht.
Die Kalibration der simulierten Temperaturgeschichte wurde vornehmlich mit dem organischen Reifeparameter der Vitrinitreflexion und Bohrlochtemperaturen durchgeführt. Vitrinitreflexionswerte wurden bevorzugt an dispers verteiltem organischen Material karbonischer Tonsteinproben gemessen. Innerhalb der meso- känozoischen Proben war das organische Material häufig oxidiert.

Irn Gebiet von Rügen und Vorpommern liegt die Vitrinitreflexion innerhalb der karbonischen Schichten zwischen 1,4 und 4,4% VRr. Bereichsweise zeigt die Vitrinitreflexion ein sehr stark streuendes Muster, das in Beziehung zur Verteilung magmatischer Gesteine steht. Während ihrer Platznahme verursachten diese Gesteine eine abrupte Temperaturzunahme und führten in ihrer Nähe zu einer Erhöhung der Vitrinitreflexion. Die Reflexionswerte einzeln vorliegender Zechsteinproben liegen zwischen 0,6 und 1,5%VRr.

Irn Beckenzentrum (Bohrung Parchirn 1 und Pröttlin 1) erreicht die Vitrinitreflexion der karbonischen Tonsteine Werte zwischen 3,1 und 5%VRr. Die Reflexionswerte irn sedimentären Rotliegenden der Bohrung Mirow 1 liegen bei etwa 4% YRr, während sie irn Hettangiurn bei 0,59% VRr liegen.

Neben diesem organischen Temperaturindikator wurde mit der Illitkristallinität auch ein anorganisches Geothermometer untersucht. Für den nördlichen Teil des Untersuchungsgebietes liegt die Illitkristallinität immer irn Bereich der Diagenese und ist damit konform zu den Vitrinitreflexionsdaten. Irn südlichen Teil sind die aus der Vitrinitreflexion abgeleiteten Paläoternperaturen jedoch höher als die durch die lllite dokumentierten Temperaturen. Das Zurückbleiben der Illitkristallinitätswerte gegenüber den Vitrinitreflexionswerten ist vermutlich auf ein eingeschränktes Ionenangebot zurückzuführen.

Voraussetzung für die numerische Simulation der Ternperatur- und Absenkungsgeschichte ist eine Definition der geologischen Entwicklung des untersuchten Systems durch die geologische Vergangenheit ohne Zeitlücke. Um eine Abschätzung der irn Zeitraum Oberkreide bis Tertiär abgelagerten und irn direkten Anschluß wieder abgetragenen Mächtigkeiten vornehmen zu können, wurde daher die Veränderung der Sonic-Log-Laufzeiten in Tonsteinen mit der Teufe untersucht. Die Ergebnisse an sechs Bohrungen innerhalb des Arbeitsgebietes ergaben, dass die abgetragenen Mächtigkeiten nicht über 500 rn lagen, sondern überwiegend geringer waren. Nach einer Abschätzung der maximalen Versenkungstiefe unter Verwendung der Vitrinitreflexionswerte gemäß der Methode von YAMAn (1986) ergaben sich ebenfalls Hinweise auf eine ehemals tiefere Versenkung der drei untersuchten Proben. Die höchste erodierte Mächtigkeit wurde für die Bohrung Rügen 4 bestimmt (> 1000 rn). Diese Erkenntnisse wurden direkt in die geologischen Modelle für die Simulation integriert.

Insgesamt wurden für 9 Bohrungen numerische Simulationen mit PetroMod® durchgeführt. Die basalen Wärmeflüsse zur Zeit der maximalen Versenkung stellen neben den ermittelten abgetragenen Schichtmächtigkeiten irn seiben Zeitraum die wichtigsten Simulationsergebnisse dar .Für die Bohrung Mirow 1 konnte eine zufriedenstellende Kalibration mit der Annahme einer maximalen Versenkung in der Oberkreide erreicht werden. Der maximale Wärmefluss für die oberen Kilometer der Erdkruste lag bei 65 mW/m2 und die abgetragene Schichtmächtigkeit bei 400 m. Für die übrigen Bohrungen wurde der Zeitraum der maximalen Versenkung im Tertiär angenommen. Die ermittelten Wärmeflüsse reichen von 60- 74 mW/m2 und die abgetragenen Schichtmächtigkeiten liegen für diesen jüngsten Erosionszeitraum zwischen 80 und 600 m. Nur für die Bohrung Rügen 4 ist die modellierte abgetragene Schichtmächtigkeit von 1100 m deutlich erhöht.

Die Annahme hoher Paläowärmeflüsse (150 mW/m2) im Arbeitsgebiet zur Zeit der initialen Beckenbildung an tder Wende Karbon/Perm hat keinen Einfluss auf das heutige Inkohlungsmuster. Dasselbe gilt auch für die teilweise im Beckenzentrum nachgewiesenen hydrothermalen Ereignisse.

Als Basis für die mehrdimensionale Simulation (2D und 3D) zur Rekonstruktion der Methanbildung und -migration aus den karbonischen Muttergesteinen diente ein von SCHECK (1997) entwickeltes Strukturmodell des Nordostdeutschen Beckens. Die Ergebnisse der 1D-Simulationen wurden dabei in das 2D- und 3D-Modell transferiert.

Die Hauptphase der Methanbildung fand während der schnellen Beckensubsidenz vom Oberrotliegenden bis zur Trias statt. Die verfügbaren Kalibrationsdaten erlaubten es aber nicht, die zu dieser Zeit herrschenden Paläotemperaturen zu bestimmen, da sie durch jüngere meso-känozoische Temperaturereignisse überprägt sind. In Teilen des Beckenzentrums war das Methangenesepotenzial am Ende der Trias erschöpft. Ein geringes residuales Methangenesepotenzial existiert noch auf der nördlichen Beckenflanke in Abhängigkeit der die Schichtenfolge durchsetzenden magmatischen Gesteine.

Die Simulationsrechnungen zeigten, dass größere Mengen Methan zunächst im Beckenzentrum im Süden gebildet wurden. Danach breitete sich der Bereich der Methanbildung aufgrund steigender Temperaturen infolge zunehmender Versenkung sukzessive weiter aus. Das Methan migrierte vorwiegend aus dem Beckenzentrum in nördliche Richtung. Hinweise auf heutige Methanakkumulationen innerhalb des sedimentären Rotliegenden oder den karbonischen Schichten des Arbeitsgebietes ergaben sich aus den Simulationsrechnungen nicht. Das Nordostdeutsche Becken, als Teil des zentraleuropäischen Beckens, ist durch Erdgasvorkommen mit oft hohen Gehalten an molekularem Stickstoff (N2) im Paläozoikum charakterisiert. In Nordwestdeutschland wird das kohlige organische Material der Westfal-Schichten als potenzielle Quelle für molekularen Stickstoff angesehen, der im Verlaufe der Inkohlung freigesetzt wird.

Im Nordostdeutschen Becken sind Kohleflöze in der Schichtenfolge jedoch nur sehr selten vertreten und der Gehalt an dispers verteiltem organischen Material ist gering (<1.6% TOC). Daher wurden hochreife karbonische Tonschiefer als eine weitere potenzielle Quelle für molekularen Stickstoff untersucht. Hierzu wurden Elementaranalysen, offene nicht-isotherme pyrolysen und XRD-Messungen durchgeführt. Die Ergebnisse der offenen nicht-isothermen pyrolyseexperimente an hochreifen Tonsteinen weisen auf einen signifikanten anorganischen Beitrag des freigesetzten Stickstoffs hin. Elementaranalysen unterstützen diese Vermutung, weil die Stickstoff/Kohlenstoff -Verhältnisse der Kerogenkonzentrate wesentlich geringer waren als die der Originalproben. Die atomaren N/C- Verhältnisse der Kerogenkonzentrate korrespondieren darüber hinaus gut mit Werten für organisches Material, die in der Literatur zitiert sind. Eine mögliche Quelle für den pyrolytisch gebildeten Stickstoff könnte Ammoniurnillit sein. Die Ammoniumillitgehalte, die für die beobachteten N2- Erträge verantwortlich sind, scheinen jedoch unterhalb der Detektionsgrenze zu liegen.

The temperature- and burial history of the northern part of the Northeast German basin (Mecklenburg- Vorpommern and adjacent areas) was investigated with an interdisciplinary approach of geological, geochemical and petrophysical methods applying the basin modelling software PetroMod®.

The calibration of the simulated thermal history was principally performed with organic maturity parameters (vitrinite reflectance) and borehole temperatures. For this purpose samples were collected from deep wells. In addition, unpublished vitrinite reflectance data from the industry and published data were taken into account.

Vitrinite reflectance was measured preferentially on Carboniferous shale sampIes, because the organic material within the Ceno-Mesozoic sampIes is often oxidised. In the Rügen area and in Vorpommern, vitrinite reflectance ranges froml.4 to 4.4%VRr within the Carboniferous strata. Occasionally the vitrinite reflectance data show a very strong scatter related to the distribution of magmatic rocks. During their emplacement these rocks caused an abrupt increase in temperature resulting in a rise in vitrinite reflectance in their vicinity. The measured data of individual Zechstein sampIes vary between 0.6 and 1.5% VRr.

In the basin centre the vitrinite reflectance data of the Carboniferous shales (weIl Parchim 1 and Pröttlin 1) range between 3.1 and 5%VRr. In the sedimentary Rotliegend vitrinite reflectance values are approximately at 4%VRr whereas they are at 0.59%VRr in the Hettangium (weIl Mirow 1).

In addition to the organic maturity parameters, the inorganic geo-thermometer of il1ite crystallinity was used. Illite crystallinity indicates diagenetic conditions in all cases. For the northern part of the study area this fact is supported by the vitrinite reflectance data. In the southern part, however, the paleo-temperatures derived from vitrinite reflectance are higher than those documented by the illtes. The retardation of the illite crystallnity compared to vitrinite reflectance in this area was presumably due to a restricted supply of ions.

For numerical simulations it was necessary to define the geologic evolution of the studied system through the geologic past without leaving any time gaps. For a quantitative assessment of the deposited and subsequently eroded sediments during Upper Cretaceous through Tertiary times, the evolution of sonic velocities in shales with depth was analysed. The results of six well in the study area show that the eroded thicknesses were generally below 500 m. An estimation of the maximum burial depth using vitrinite reflectance data according to YAMAJI (1986) also revealed a formerly deeper burial for three we"s. The highest amount of eroded thickness was calculated for the Rügen 4 we" (> 1000 m). These above-mentioned insights were directly integrated into the geological models for the simulation.

Numerical 1D-sirnulations were carried out for 9 well with PetroMod®. The basal heat flow at the time of maximum depth of burial and the eroded thicknesses are the most important results. For the Mirow 1 wella satisfactory match of the calibration data could only be realised if the maximum burial depth is assumed to have been reached in the upper Cretaceous. The heat flow amounted to 65 mW/m2 and the eroded thickness to 400 m. For allother well a Tertiary time of maximum burial was assumed. The basal heat flow varied between 60 and 74 mW/m2 for this period.

High paleo heat flow values (up to 150 mW/m2) at the beginning of basin evolution had no influence on the present-day coalification pattern. The same is valid for hydrothermal events which took place in the Jurassic in parts of the basin centre.

The reconstruction of the generation and migration of methane from Carboniferous source rocks was performed using a 2D- and a 3D-model, which is based on a structural model of the Northeast German basin developed by SCHECK (1997). Results ofthe 1D-simulations were transferred in to the 2D- and 3D-models.

The main phase of methane generation took place during the rapid subsidence from upper Rotliegend to Triassic times. A vailable calibration data do not allow to determine the paleo-temperatures at this time, because they were overprinted by younger Meso- and Cenozoic temperature events. In parts of the basin centre, methane generation already ceased during the Upper Triassic. Minor generation potential for methane still exists in the northem part of the basin, depending on the presence of magmatic rocks.

The simulation shows that a large quantity of methane was fIrst generated in the basin centre in the south. Thereafter, the area of methane generation increased with progressive temperature due to further subsidence. Methane migrated predominantly from the basin centre in northerly direction. The simulation results indicate no present-day methane accumulations within the sedimentary Rotliegend and the Carboniferous.

The Northeast German basin, as part of the Central European Basin, is characterised by the occurrence of natural gas accumulations with often high percentages of molecular nitrogen (N2/sub>) in the Paleozoic. In Northwest Germany the coaly organic material of Westphalian strata was regarded as a potential source for the molecular nitrogen which was envisaged to be released during coalification. In the studied East German part of the Central European Basin, however, coal seams are almost absent and the contents of the dispersed organic material are low (<1.6% TOC). Thus, highly mature Carboniferous shales were examined as a further potential source of molecular nitrogen. Eiemental analysis, open-system non-isothermal pyrolysis and XRD-analysis were used for these investigations. The results from open-system non-isothermal pyrolysis of overmature shales indicate that there is a significant inorganic contribution to the released nitrogen. Eiemental analysis supports this assumption because nitrogen/carbon ratios of the kerogen concentrates were substantially 1ower than for the original sampies. The N/C-ratios of the kerogen concentrates correspond weil with values for organic material cited in the literature. One potential source of the pyrolytic N2 could be ammonium illite. However, ammonium illite contents that could account for the observed N2 yields seem to be still below the XRD-detection limit.

Neuerscheinungen

Schriften des Forschungszentrums Jülich

Ihre Ansprechperson

Heike Lexis
+49 2461 61-5367
zb-publikation@fz-juelich.de

Letzte Änderung: 07.06.2022