Verlag des Forschungszentrums Jülich
JUEL-3859
Zur Quantifizierung der Gasgenese wurde zunächst die im flözführenden Oberkarbon des
Ruhr-Beckens vorhandene Menge organischen Materials abgeschätzt (214 m3/m2Grundfläche). Die
größte Akkumulation organischen Materials tritt mit 210 kgOM/m3Gestein ebenso wie die
maximale kumulative Flözmächtigkeit im Westfal B1 auf. Für das gesamte Ruhr-Becken ergibt
sich im flözführenden Oberkarbon ein Bestand von 2.400 Mrd. t organischen Materials.
Entsprechend einem massenbilanzierten Gasbildungsmodell werden zwischen 0,65 % VRr und
2,7 %VRr kumulativ 153 m3/tOM Methan, 81 m3/tOM Kohlendioxid und 5 m3/tOM Stickstoff
gebildet. Übertragen auf die im Ruhr-Becken verfügbaren Mengen organischen Materials
sowie dessen Reife und Verteilung in der oberkarbonischen Schichtfolge, wurden
17.600 m3Gas/m2Grundfläche generiert, wobei das obere Westfal A2 mit 10,4 m3Gas/m3Gestein das
produktivste Intervall darstellt. Mit zunehmender Teufe bzw. Reife des organischen Materials
wächst der Methan-Anteil am kumulativ gebildeten Gas auf über 65 Vol.%. Pyrolyse-GC-
Experimente, die im Rahmen dieser Arbeit erstmalig in einer direkten Kopplung mit einem
Isotopen- Massenspektrometer durchgeführt wurden, dokumentieren für mehrere
Pyrolyseprodukte sehr detailliert eine unerwartet starke Reifeabhängigkeit der
Isotopenfraktionierung mit lokalen isotopischen Maxima und Minima und einer kumulativen
Methan-Isotopie von -25,1 PDB.
Die Gasspeicherung und der Einfluß von Druck und Temperatur sowie der Feuchte, Reife und
petrographischen Zusammensetzung des organischen Materials wurden mit Hilfe einer
neuentwickelten Hochdruck-Adsorptionsanlage bei Gasdrücken bis 20 MPa und Temperaturen
bis 175 °C untersucht: Die Adsorptionskapazität wächst mit steigendem Druck, sinkender
Temperatur und abnehmendem hygroskopischen Wassergehalt. Die Oberflächenmessungen
zeigen, daß Vitrinit unter den Mazeralgruppen die größte Adsorptionskapazität besitzt und daß
bei einer Reife zwischen 1,0 bis 1,4 %VRr ein Minimum durchlaufen wird. Aus den
experimentellen Daten wurden Parameter zur Modellierung der Teufenabhängigkeit des
Adsorptionsvermögens des organischen Materials abgeleitet. Als ein wichtiges Ergebnis dieser
Dissertation entstand daraus ein dynamisches Adsorptionsmodell, mit dem der Einfluß der
Beckenentwicklung in Form von Subsidenz- und Inversionsphasen auf die Entstehung von
Flözgaslagerstätten erklärt wird.
Die Flözgasvorkommen im Ruhr-Becken wurden anhand zweier Flözgas-
Explorationsbohrungen geochemisch und isotopisch untersucht. Aus den Explorationsdaten des
Bergbaus wurden fünf vertikale Gasprofiltypen definiert, die einerseits zu einer regionalen
Differenzierung in einen gasarmen niederrheinischen Beckenteil und einen gasreichen
westfälischen Teil des Ruhr-Beckens führten. Andererseits veranschaulicht diese
Klassifizierung, daß strukturelle Hochpositionen -im westlichen Teil Horste und im östlichen
Becken Antiklinalen -große Gasvorkommen speichern, während geringe Gasgehalte jeweils in
Synklinal- bzw. Grabenstrukturen dominieren.
Aufbauend auf den experimentellen Ergebnissen wird diese strukturelle und räumliche
Differenzierung der Gasvorkommen mit Hilfe des dynamischen Adsorptionsmodells vor dem
Hintergrund der regional unterschiedlichen Beckenentwicklung interpretiert: Im Anschluß an
die Gasgenese im höchsten Oberkarbon und die Beckeninversion im Perm senkte sich das
Becken während der Trias und des unteren Juras erneut ein. In dieser Phase wurde Flözgas
remobilisiert, unter dem jurassischen Deckgebirge akkumuliert und -nach dessen Erosion bis
in die Unterkreide -in die Atmosphäre abgegeben. Die Ablagerung oberkretazischer und
alttertiärer Sedimente führte zu einer zweiten tiefen Absenkung des flözführenden Oberkarbons
und zu einer erneuten Remobilisierung von Flözgas. Dieses Flözgas akkumulierte unter dem
kretazischen Deckgebirge und wurde nachfolgend im Liegenden der Diskordanz adsorptiv
gebunden. Die im südlichen Ruhr-Becken nachgewiesenen Flözgasvorkommen legen den
Schluß nahe, daß die Versenkung während der Trias und des Juras weniger groß war, als von
BÜKER (1996) angenommen, und daß ein Teil des flözführenden Oberkarbons erst im oberen
Jura und insbesondere in der unteren Kreide abgetragen wurde.
Die geringen Flözgasvorkommen im niederrheinischen Teil des Beckens sind auf eine
regionale Sonderentwicklung dieses kleineren Beckenteils zurückzuführen, die in
unmittelbarem Zusammenhang mit dem Rheingrabensystem und dessen zeitlicher Entwicklung
zu sehen ist: Die von KARG ( 1998) beschriebene Zunahme der triassisch/jurassischen
Gebirgstemperatur in Richtung des Grabensystems führte zu einer vermehrten Remobilisierung
der adsorbierten Flözgasvorkommen. Diese Gase konnten nachfolgend nicht adsorptiv
gebunden werden, weil - im Gegensatz zum westfälischen Beckenteil - weder ab dem oberen
Jura noch im Tertiär eine signifikante Inversion dieses Beckenteils stattfand, die durch
sinkende Lagerstättentemperaturen die adsorptive Bindung von Flözgas ermöglicht hätte.
Durch intensive Extensions- und Bruchschollentektonik wurde das Gebirge insbesondere im
Jungtertiär aufgebrochen, so daß die im niederrheinischen Teil des Ruhr-Beckens nicht
adsorbierbaren Flözgasvorkommen zum größten Teil aus der Lagerstätte entwichen.
Anhand des dynamischen Adsorptionsmodells sind signifikante Flözgasvorkommen im Ruhr-
Becken fast ausnahmslos im westfälischen bzw. östlichen Teil des Beckens zu erwarten. Die
größten Potentiale bestehen dort, wo die abgelagerte Mächtigkeit der Oberkreide und des
Alttertiärs größer war als der Subsidenzbetrag zu Zeiten der triassisch-mitteljurassischen
Einsenkung des Ruhr- Beckens. In diesen - vorwiegend nördlichen bzw. nordöstlichen -
Beckenteilen sind signifIkante Gasakkumulationen unmittelbar unter der erosiven Karbon-
Oberfläche und insbesondere in Antiklinalstrukturen zu erwarten.
In order to quantify the gas generation potential in the Upper Carboniferous the amount of
organic matter both in coal seams and in dispersed form was estimated (214 m3/m2area). Both
the maximum net coal thickness and the highest accumulation of dispersed organic matter
(210 kgOM/m3rock occur in the Westphalian B1. The total quantity of organic matter in the
sediments of the Ruhr Basin ( 10.000 km2) amounts to approximately 2.4·109 t. According to a
mass-balanced gas generation model one ton of terrestrial organic matter generates, within a
maturity interval of 0.65 to 2.7 % VRr, approximately 153 m3 methane, 81 m3 carbon dioxide
and 5 m3 nitrogen (STP). When applied to the amount and maturity of the organic matter in
the Ruhr Basin this corresponds to a total gas generation of 17.600 m3Gas/m2area. The Upper
Westphalian A2 has been the most productive stratigraphic interval (10.4 m3Gas/m3rock). The
portion of methane in the cumulative gas liberated from the organic matter rises with
increasing depth and maturity of the organic matter to a maximum of 65 Vol.% in Namur C
coals. Also, gas generation from terrestrial OM was studied both by means of non-isothermal
open-system pyrolysis and -for the first time -by on-line Pyrolysis-GC-IRMS. For five
pyrolysis products studied with this method the experiments illustrate a strong isotope
fractionation and local isotopic maxima and minima.
The gas storage in coal seams was studied using a newly designed high pressure/high
temperature adsorption device. The data of more than fIfty experiments at pressures of up to
20 MPa and maximum temperatures of 175 °C showed an increase of adsorption capacity
with increasing pressure, and decreasing temperature and moisture content. Measurements of
the specific sufface area (CO2) gave highest values for vitrain (vitrinite-rich sampIes).
Generally, smaller-than-average sufface areas were observed within a maturity range of 1.0 to
1.4 % VRr. Based on the experimental data correlations were established that can be used to
model the depth dependence of the adsorption capacity of the organic matter. The proposed
dynamic sorption modellinks experimental results to the geological evolution of sedimentary
basins by relating phases of tectonic uplift and subsidence to adsorption/desorption events at
different depth intervals. Thus, the model provides a new interpretation for the accumulation
and regional distribution of CBM reservoirs in the context basin evolution.
The occurrence of CBM in the Ruhr Basin was examined both in a thorough geochemical and
isotopic study of two exploration wells and also by evaluating exploration data of the local
coal mines. Based on these results, five vertical gas content profiles were defined. The
regional distribution of these profiles is used to subdivide the Ruhr Basin into an eastern part
with high gas contents and a western part with only minor gas contents in most of the wells.
Furthermore the gas profiles show that high gas contents are generally related to structurally
high positions, i.e. gas accumulates in horst structures of the western Ruhr Basin and in
anticlinal structures of the eastern part of the basin.
These regional patterns of gas content are interpreted by applying the dynamic sorption model
to the evolution of the Ruhr Basin and its regional variations: Following the thermal gas
generation in late Carboniferous time, coalbed methane was stored by adsorption during the
subsequent basin inversion due to falling reservoir temperatures and pressure. The subsidence
of the basin in Triassic and early Jurassic times resulted in an increase of reservoir
temperatures in Upper Carboniferous strata. As a result, coalbed gas was remobilised,
migrated upward and partly accumulated below the overburden. During the lower Cretaceous
these Mesozoic sediments were eroded and gas accumulations located below the erosional
sufface escaped into the atmosphere. The deposition of Upper Cretaceous and Lower Tertiary
sediments resulted in a second phase of Mesozoic burial of Carboniferous strata. Because of a
contemporaneous increase of reservoir pressure and temperature, gas was remobilised,
migrated upward and partly accumulated below sealing Cretaceous sediments. Due to
favourable reservoir pressures and temperatures in late Tertiary time the gas was re-adsorbed
in the Carboniferous coal seams below the unconformity. In summary, the occurrence of
CBM in the southern Ruhr Basin suggests that the burial depth in Triassic time was less than
proposed by BÜKER (1996). Also, the uppermost section ofthe Carboniferous may have been
eroded not before late Jurassic or early Cretaceous times.
The low gas contents in the western part of the Ruhr Basin are presumably a result of a
deviating basin history: These differences are closely related to the evolution of the Rhine
Graben in Triassic and Jurassic times. KARG (1998) assumes increased heat flow towards the
developing graben system. Higher reservoir temperatures have resulted in an increased
remobilisation of previously adsorbed coalbed gas and gas migration and trapping below the
Mesozoic overburden. However, in contrast to the eastern part of the basin significant
inversions occurred neither at the Jurassic/Cretaceous boundary nor during Tertiary times.
Hence, reservoir temperatures did not favour gas storage by adsorption. On the contrary ,
extensional tectonics during the early Tertiary have reduced, at least locally, the sealing
efficiency of the Mesozoic rocks and provided migration pathways for the free gas phase.
The application of the dynarnic sorption model to the Ruhr Basin indicates that significant
CBM reservoirs may be expected only in the eastern part of the Ruhr Basin. The highest
potential can be expected where the thickness of Cretaceous and Tertiary sediments exceeded
that of the Triassic/1urassic deposits. This setting is most likely in the northern and north-
eastern parts of the Ruhr Basin. Here significant -and potentially economical -gas
accumulations may occur in anticlinal structures and/or below the Cretaceous unconformity.
Gaschnitz, Roland
Gasgenese und Gasspeicherung im flözführenden Oberkarbon des Ruhr-Beckens
XIV, 342 S., 2001
Die vorliegende Arbeit wurde durch ein Flözgasprojekt initiiert, das das Konsortium
DEUTSCHE STEINKOHLE AG (ehemals RUHRKOHLE AG), RUHRGAS AG und CONOGO
MINERALOEL GmbH im östlichen Ruhr-Becken durchgeführt hat. Das Ziel dieses Projektes war
es, die dort vermuteten Flözgasvorkommen zu erkunden und deren kommerzielle
Gewinnbarkeit zu prüfen. In diesem Rahmen wurde hier die Genese und die Speicherung von
Flözgas sowie dessen Vorkommen im südlichen Ruhr-Becken untersucht, um besonders höffige
Regionen und die dort potentiell anzutreffenden Gasvorkommen auch in kaum explorierten
Feldesteilen vorhersagen zu können.
The present study investigates the generation, accumulation and occurrence of coalbed
methane (CBM) in the Ruhr Basin. It was triggered by a commercial CBM project performed
jointly by DEUTSCHE STEINKOHLE AG (formerly RUHRKOHLE AG), RUHRGAS AG and
CONOCO MINERALOEL GmbH. The aim of the project was to explore the CBM potential of
Upper Carboniferous strata and to evaluate the commercial producibility of CBM from such
reservoirs. This study provides a knowledge-based exploration model to delineate areas with
potentially high gas content. It also provides data for a more reliable quantification of such
reservoirs already at an early stage of exploration, prior to costly drilling operations.
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