Verlag des Forschungszentrums Jülich

JUEL-3859
Gaschnitz, Roland
Gasgenese und Gasspeicherung im flözführenden Oberkarbon des Ruhr-Beckens
XIV, 342 S., 2001

Die vorliegende Arbeit wurde durch ein Flözgasprojekt initiiert, das das Konsortium DEUTSCHE STEINKOHLE AG (ehemals RUHRKOHLE AG), RUHRGAS AG und CONOGO MINERALOEL GmbH im östlichen Ruhr-Becken durchgeführt hat. Das Ziel dieses Projektes war es, die dort vermuteten Flözgasvorkommen zu erkunden und deren kommerzielle Gewinnbarkeit zu prüfen. In diesem Rahmen wurde hier die Genese und die Speicherung von Flözgas sowie dessen Vorkommen im südlichen Ruhr-Becken untersucht, um besonders höffige Regionen und die dort potentiell anzutreffenden Gasvorkommen auch in kaum explorierten Feldesteilen vorhersagen zu können.

Zur Quantifizierung der Gasgenese wurde zunächst die im flözführenden Oberkarbon des Ruhr-Beckens vorhandene Menge organischen Materials abgeschätzt (214 m3/m2Grundfläche). Die größte Akkumulation organischen Materials tritt mit 210 kgOM/m3Gestein ebenso wie die maximale kumulative Flözmächtigkeit im Westfal B1 auf. Für das gesamte Ruhr-Becken ergibt sich im flözführenden Oberkarbon ein Bestand von 2.400 Mrd. t organischen Materials. Entsprechend einem massenbilanzierten Gasbildungsmodell werden zwischen 0,65 % VRr und 2,7 %VRr kumulativ 153 m3/tOM Methan, 81 m3/tOM Kohlendioxid und 5 m3/tOM Stickstoff gebildet. Übertragen auf die im Ruhr-Becken verfügbaren Mengen organischen Materials sowie dessen Reife und Verteilung in der oberkarbonischen Schichtfolge, wurden 17.600 m3Gas/m2Grundfläche generiert, wobei das obere Westfal A2 mit 10,4 m3Gas/m3Gestein das produktivste Intervall darstellt. Mit zunehmender Teufe bzw. Reife des organischen Materials wächst der Methan-Anteil am kumulativ gebildeten Gas auf über 65 Vol.%. Pyrolyse-GC- Experimente, die im Rahmen dieser Arbeit erstmalig in einer direkten Kopplung mit einem Isotopen- Massenspektrometer durchgeführt wurden, dokumentieren für mehrere Pyrolyseprodukte sehr detailliert eine unerwartet starke Reifeabhängigkeit der Isotopenfraktionierung mit lokalen isotopischen Maxima und Minima und einer kumulativen Methan-Isotopie von -25,1‰ PDB.

Die Gasspeicherung und der Einfluß von Druck und Temperatur sowie der Feuchte, Reife und petrographischen Zusammensetzung des organischen Materials wurden mit Hilfe einer neuentwickelten Hochdruck-Adsorptionsanlage bei Gasdrücken bis 20 MPa und Temperaturen bis 175 °C untersucht: Die Adsorptionskapazität wächst mit steigendem Druck, sinkender Temperatur und abnehmendem hygroskopischen Wassergehalt. Die Oberflächenmessungen zeigen, daß Vitrinit unter den Mazeralgruppen die größte Adsorptionskapazität besitzt und daß bei einer Reife zwischen 1,0 bis 1,4 %VRr ein Minimum durchlaufen wird. Aus den experimentellen Daten wurden Parameter zur Modellierung der Teufenabhängigkeit des Adsorptionsvermögens des organischen Materials abgeleitet. Als ein wichtiges Ergebnis dieser Dissertation entstand daraus ein dynamisches Adsorptionsmodell, mit dem der Einfluß der Beckenentwicklung in Form von Subsidenz- und Inversionsphasen auf die Entstehung von Flözgaslagerstätten erklärt wird.

Die Flözgasvorkommen im Ruhr-Becken wurden anhand zweier Flözgas- Explorationsbohrungen geochemisch und isotopisch untersucht. Aus den Explorationsdaten des Bergbaus wurden fünf vertikale Gasprofiltypen definiert, die einerseits zu einer regionalen Differenzierung in einen gasarmen niederrheinischen Beckenteil und einen gasreichen westfälischen Teil des Ruhr-Beckens führten. Andererseits veranschaulicht diese Klassifizierung, daß strukturelle Hochpositionen -im westlichen Teil Horste und im östlichen Becken Antiklinalen -große Gasvorkommen speichern, während geringe Gasgehalte jeweils in Synklinal- bzw. Grabenstrukturen dominieren.

Aufbauend auf den experimentellen Ergebnissen wird diese strukturelle und räumliche Differenzierung der Gasvorkommen mit Hilfe des dynamischen Adsorptionsmodells vor dem Hintergrund der regional unterschiedlichen Beckenentwicklung interpretiert: Im Anschluß an die Gasgenese im höchsten Oberkarbon und die Beckeninversion im Perm senkte sich das Becken während der Trias und des unteren Juras erneut ein. In dieser Phase wurde Flözgas remobilisiert, unter dem jurassischen Deckgebirge akkumuliert und -nach dessen Erosion bis in die Unterkreide -in die Atmosphäre abgegeben. Die Ablagerung oberkretazischer und alttertiärer Sedimente führte zu einer zweiten tiefen Absenkung des flözführenden Oberkarbons und zu einer erneuten Remobilisierung von Flözgas. Dieses Flözgas akkumulierte unter dem kretazischen Deckgebirge und wurde nachfolgend im Liegenden der Diskordanz adsorptiv gebunden. Die im südlichen Ruhr-Becken nachgewiesenen Flözgasvorkommen legen den Schluß nahe, daß die Versenkung während der Trias und des Juras weniger groß war, als von BÜKER (1996) angenommen, und daß ein Teil des flözführenden Oberkarbons erst im oberen Jura und insbesondere in der unteren Kreide abgetragen wurde.

Die geringen Flözgasvorkommen im niederrheinischen Teil des Beckens sind auf eine regionale Sonderentwicklung dieses kleineren Beckenteils zurückzuführen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Rheingrabensystem und dessen zeitlicher Entwicklung zu sehen ist: Die von KARG ( 1998) beschriebene Zunahme der triassisch/jurassischen Gebirgstemperatur in Richtung des Grabensystems führte zu einer vermehrten Remobilisierung der adsorbierten Flözgasvorkommen. Diese Gase konnten nachfolgend nicht adsorptiv gebunden werden, weil - im Gegensatz zum westfälischen Beckenteil - weder ab dem oberen Jura noch im Tertiär eine signifikante Inversion dieses Beckenteils stattfand, die durch sinkende Lagerstättentemperaturen die adsorptive Bindung von Flözgas ermöglicht hätte. Durch intensive Extensions- und Bruchschollentektonik wurde das Gebirge insbesondere im Jungtertiär aufgebrochen, so daß die im niederrheinischen Teil des Ruhr-Beckens nicht adsorbierbaren Flözgasvorkommen zum größten Teil aus der Lagerstätte entwichen.

Anhand des dynamischen Adsorptionsmodells sind signifikante Flözgasvorkommen im Ruhr- Becken fast ausnahmslos im westfälischen bzw. östlichen Teil des Beckens zu erwarten. Die größten Potentiale bestehen dort, wo die abgelagerte Mächtigkeit der Oberkreide und des Alttertiärs größer war als der Subsidenzbetrag zu Zeiten der triassisch-mitteljurassischen Einsenkung des Ruhr- Beckens. In diesen - vorwiegend nördlichen bzw. nordöstlichen - Beckenteilen sind signifIkante Gasakkumulationen unmittelbar unter der erosiven Karbon- Oberfläche und insbesondere in Antiklinalstrukturen zu erwarten.

The present study investigates the generation, accumulation and occurrence of coalbed methane (CBM) in the Ruhr Basin. It was triggered by a commercial CBM project performed jointly by DEUTSCHE STEINKOHLE AG (formerly RUHRKOHLE AG), RUHRGAS AG and CONOCO MINERALOEL GmbH. The aim of the project was to explore the CBM potential of Upper Carboniferous strata and to evaluate the commercial producibility of CBM from such reservoirs. This study provides a knowledge-based exploration model to delineate areas with potentially high gas content. It also provides data for a more reliable quantification of such reservoirs already at an early stage of exploration, prior to costly drilling operations.

In order to quantify the gas generation potential in the Upper Carboniferous the amount of organic matter both in coal seams and in dispersed form was estimated (214 m3/m2area). Both the maximum net coal thickness and the highest accumulation of dispersed organic matter (210 kgOM/m3rock occur in the Westphalian B1. The total quantity of organic matter in the sediments of the Ruhr Basin ( 10.000 km2) amounts to approximately 2.4·109 t. According to a mass-balanced gas generation model one ton of terrestrial organic matter generates, within a maturity interval of 0.65 to 2.7 % VRr, approximately 153 m3 methane, 81 m3 carbon dioxide and 5 m3 nitrogen (STP). When applied to the amount and maturity of the organic matter in the Ruhr Basin this corresponds to a total gas generation of 17.600 m3Gas/m2area. The Upper Westphalian A2 has been the most productive stratigraphic interval (10.4 m3Gas/m3rock). The portion of methane in the cumulative gas liberated from the organic matter rises with increasing depth and maturity of the organic matter to a maximum of 65 Vol.% in Namur C coals. Also, gas generation from terrestrial OM was studied both by means of non-isothermal open-system pyrolysis and -for the first time -by on-line Pyrolysis-GC-IRMS. For five pyrolysis products studied with this method the experiments illustrate a strong isotope fractionation and local isotopic maxima and minima.

The gas storage in coal seams was studied using a newly designed high pressure/high temperature adsorption device. The data of more than fIfty experiments at pressures of up to 20 MPa and maximum temperatures of 175 °C showed an increase of adsorption capacity with increasing pressure, and decreasing temperature and moisture content. Measurements of the specific sufface area (CO2) gave highest values for vitrain (vitrinite-rich sampIes). Generally, smaller-than-average sufface areas were observed within a maturity range of 1.0 to 1.4 % VRr. Based on the experimental data correlations were established that can be used to model the depth dependence of the adsorption capacity of the organic matter. The proposed dynamic sorption modellinks experimental results to the geological evolution of sedimentary basins by relating phases of tectonic uplift and subsidence to adsorption/desorption events at different depth intervals. Thus, the model provides a new interpretation for the accumulation and regional distribution of CBM reservoirs in the context basin evolution.

The occurrence of CBM in the Ruhr Basin was examined both in a thorough geochemical and isotopic study of two exploration wells and also by evaluating exploration data of the local coal mines. Based on these results, five vertical gas content profiles were defined. The regional distribution of these profiles is used to subdivide the Ruhr Basin into an eastern part with high gas contents and a western part with only minor gas contents in most of the wells. Furthermore the gas profiles show that high gas contents are generally related to structurally high positions, i.e. gas accumulates in horst structures of the western Ruhr Basin and in anticlinal structures of the eastern part of the basin.

These regional patterns of gas content are interpreted by applying the dynamic sorption model to the evolution of the Ruhr Basin and its regional variations: Following the thermal gas generation in late Carboniferous time, coalbed methane was stored by adsorption during the subsequent basin inversion due to falling reservoir temperatures and pressure. The subsidence of the basin in Triassic and early Jurassic times resulted in an increase of reservoir temperatures in Upper Carboniferous strata. As a result, coalbed gas was remobilised, migrated upward and partly accumulated below the overburden. During the lower Cretaceous these Mesozoic sediments were eroded and gas accumulations located below the erosional sufface escaped into the atmosphere. The deposition of Upper Cretaceous and Lower Tertiary sediments resulted in a second phase of Mesozoic burial of Carboniferous strata. Because of a contemporaneous increase of reservoir pressure and temperature, gas was remobilised, migrated upward and partly accumulated below sealing Cretaceous sediments. Due to favourable reservoir pressures and temperatures in late Tertiary time the gas was re-adsorbed in the Carboniferous coal seams below the unconformity. In summary, the occurrence of CBM in the southern Ruhr Basin suggests that the burial depth in Triassic time was less than proposed by BÜKER (1996). Also, the uppermost section ofthe Carboniferous may have been eroded not before late Jurassic or early Cretaceous times.

The low gas contents in the western part of the Ruhr Basin are presumably a result of a deviating basin history: These differences are closely related to the evolution of the Rhine Graben in Triassic and Jurassic times. KARG (1998) assumes increased heat flow towards the developing graben system. Higher reservoir temperatures have resulted in an increased remobilisation of previously adsorbed coalbed gas and gas migration and trapping below the Mesozoic overburden. However, in contrast to the eastern part of the basin significant inversions occurred neither at the Jurassic/Cretaceous boundary nor during Tertiary times. Hence, reservoir temperatures did not favour gas storage by adsorption. On the contrary , extensional tectonics during the early Tertiary have reduced, at least locally, the sealing efficiency of the Mesozoic rocks and provided migration pathways for the free gas phase.

The application of the dynarnic sorption model to the Ruhr Basin indicates that significant CBM reservoirs may be expected only in the eastern part of the Ruhr Basin. The highest potential can be expected where the thickness of Cretaceous and Tertiary sediments exceeded that of the Triassic/1urassic deposits. This setting is most likely in the northern and north- eastern parts of the Ruhr Basin. Here significant -and potentially economical -gas accumulations may occur in anticlinal structures and/or below the Cretaceous unconformity.

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Letzte Änderung: 07.06.2022