Verlag des Forschungszentrums Jülich

JUEL-3782
Altenbach-Rehm, Jutta
Entwicklung und Einsatz einer miniaturisierten parallelen Versuchstechnik für die Bioprozessentwicklung
233 S., 2000

Moderne biotechnologische Produktionsprozesse werden überwiegend im Fedbatch-Betrieb durchgeführt. Die Reaktionsbedingungen werden zunächst in Batch-Schüttelkolben optimiert und in den Rührkesselreaktor übertragen. In aufwendigen Einzelversuchen werden dann im Laborreaktor Dosierstrategien für Nährstoffe untersucht. Diese Vorgehensweise verursacht einen hohen Kosten- und Zeitaufwand.

In Zusammenarbeit mit DASGIP mbH, Jülich, und Infors AG, Basel, wurde eine dem Schüttelkolben-Maßstab angepaßte, miniaturisierte Versuchstechnik entwickelt, die ein paralleles Experimentieren im Batch- und Fedbatch-Betrieb unter kontrollierten reaktor-ähnlichen Bedingungen erlaubt. In der nun zur Verfügung stehenden Versuchsanlage können 16 parallele Reaktionsgefäße individuell mit bis zu 4 verschiedenen Substraten nach benutzerdefinierten Dosierprofilen versorgt werden. Gleichzeitig kann in jedem Reaktionsgefäß der pH-Wert nach individuellen pH-Sollwert-Profilen geregelt werden. Zur Sterilisation der Dosieranlage wurde ein chemisches Verfahren mit Dimethyldicarbonat genutzt. Der hohe Grad an Automatisierung gewährleistet eine rationelle Versuchsdurchführung.

Als Alternative zum Schüttelkolben wurde das Reaktionsgefäß 'begaste Säule' entwickelt. Die Zuluft wird über einen Präzisionsgasverteiler mit integrierter Sterilgrenze in das Reaktionsvolumen dispergiert. Bei der Übertragung von Fedbatch-Fermentationen aus begasten Säulen in einen Rührkesselreaktor wurde bei konstantem kLa-Wert ein Scale-up-Faktor von 20 erreicht.

Zur Erprobung der neuen Versuchstechnik wurde der fakultativ anaerobe Stamm E. coli K12 eingesetzt. Gegenüber Fermentationen in Schüttelkolben konnten in begasten Säulen bei gleichen Versuchsbedingungen 40-50% höhere Biomassekonzentrationen durch verbesserte Sauerstoffversorgung erreicht werden. In pH-statisch geregelten parallelen Fedbatch-Fermentationen wurden bis zu 35 g/l BTM erzielt.

Erstmals konnte eine parallele Optimierung von Substrat- und Induktorprofilen im Fedbatch-Betrieb zur Herstellung eines rekombinanten Enzyms durchgeführt werden. Der Stamm E. coli BL12 (DE3) pLys produziert das Protein GDP-[alpha]-D-Mannose-Pyrophosphorylase nach chemischer Induktion mit IPTG. Bei einfacher Induktion mit 0,5 mM IPTG wird im Fedbatch-Betrieb eine spezifische Enzymaktivität von 1,6 U/g BTM erreicht. Für die mit Hilfe eines ‚Genetischen Algorithmus' optimierten Dosierprofile von Substrat und Induktor konnte bei verlängerter Produktionsphase die spezifische Aktivität um mehr als den Faktor 70 auf 111 U / g BTM gesteigert werden.

Das breite Einsatzspektrum der neuen Versuchstechnik wurde beispielhaft für die industriell revelanten biologischen Systeme Corynebacterium glutamicum, Staphylococcus carnosus und Ashbya gossypii aufgezeigt.



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Letzte Änderung: 07.06.2022