Verlag des Forschungszentrums Jülich

JUEL-3667
Kelemen, Christina
Analyse des phasensprungartigen Einsetzens der Passage humaner Erythrozyten durch Mikropipetten bei kritischen Temperaturen
97 S., 1999

Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit der Analyse der Temperaturabhängigkeit des Eintritts- und Passageverhaltens humaner Erythrozyten in Mikropipetten. Die Pipetten haben dabei einen typischen Innendurchmesser von etwa einem Drittel des Durchmessers der kleinsten Kapillaren des menschlichen Blutkreislaufes. Der Aspirationsdruck ist von physiologisch relevanter Größe. Intakte Erythrozyten zeigten einen phasensprungartigen Übergang von Blockade zu Passage bei der kritischen Temperatur Tc = 36,4±0,3°C. Der Übergang intakter Erythrozyten wurde als ein Übergang von der Gel- zur Flüssigphase der im Zellinneren befindlichen hochkonzentrierten Hämoglobinlösung diskutiert. Eine erhöhte intrazelluläre Calciumkonzentration behinderte die Passage intakter Zellen. Bei Erhöhung der Aspirationskraft um den Faktor 1,7 wurde der phasensprungartige Übergang erneut beobachtet, und zwar ebenfalls bei 36,4°±0,3°C. Auch Viskositätsmessungen reiner, hochkonzentrierter Hämoglobinlösungen im Temperaturbereich zwischen 20°C und 40°C zeigten einen plötzlichen Viskositätsabfall zwischen 35 und 37°C. Ein ähnlich abrupter Temperaturübergang wurde auch bei erhöhtem Calziumgehalt der Suspension mittels Viskometrie beobachtet. Das plötzliche Einsetzen der Passage bei Tc wurde auf einen plötzlichen Abfall der intermolekularen Wechselwirkungen des Hämoglobins zurückgeführt. Die Einflüsse von Calcium und Temperatur auf die Viskosität der Hämoglobinlösungen ließen sich durch zwei Modelle veranschaulichen.
Auch hämoglobinverarmte Ghosts zeigten einen phasensprungartigen Übergang, allerdings bei einer anderen Übergangstemperatur von Tg = 28,3±2,3°C. Der Übergang versiegelter Ghosts wurde dem fest an die Innenmembran verankerten Spektrinnetz zugeschrieben und als ein inverser Temperaturübergang diskutiert, d.h. als plötzliche Abnahme der Entropie des Spektrinnetzes bei der kritischen Temperatur Tg.


The present work deals with the analysis of the temperature dependence of the defonnational as well as passage behavior of human erythrocytes in micropipettes. The pipettes used had a typical inner diameter of about one third of those of the smallest capillaries in the human circulatory system. The aspiration pressure used was of physiologically relevant magnitude. A sudden transition from blockage to passage appeared for intact cells at Tc = 36,4±O,3°C. The transition of intact erythrocytes was interpreted as a gel-to-fluid phase transition of the highly concentrated intracellular hemoglobin solution. An enhanced intracellular calcium concentration hindered the cell passage. At an 1.7 fold enhanced aspiration force the transition occurred again at 36,4°±O,3°C. Low shear viscometry of pure, highly concentrated hemoglobin solutions in-between 20°C and 40°C also showed an sudden viscosity drop between 35°C and 37°C. A sudden temperature transition appeared as well when the intracellular calcium content was increased. The sudden onset of cell passages at Tc was most likely due to a breakdown of intermolecular hemoglobin bonds. Two distinct models have been elaborated to explain the effects of calcium and temperature on the viscosity of hemoglobin solutions.
Hemoglobin depleted red blood cell ghosts (resealed ghosts) showed a phase transition like passage behavior as well, yet at a distinctly different transition temperature of Tg = 28,3±2,3°C. The ghost transition was explained as a so-called inverse temperature transition of the spectrin network tightly bound to the erythrocyte's inner membrane site. An inverse temperature transition is a sudden decrease of the spectrin lattice network' s entropy at Tg with increasing temperature.

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Letzte Änderung: 07.06.2022