Verlag des Forschungszentrums Jülich
JUEL-3547
Gauss, Renate
Molekulare Identifizierung eines hyperpolarisationsaktivierten (Ih) Ionenkanals in Seeigelspermien
98 S., 1998
Ih-Kanäle sind spannungsabhängige Ionenkanäle, deren Eigenschaften durch zyklische
Nukleotide moduliert werden. Sie sind an der Erzeugung und Regulation zellulärer
rhythmischer Aktivierungsmuster beteiligt und deswegen von großer physiologischer
Bedeutung. Diese Arbeit beschreibt die erste Klonierung eines Ih-Kanals (SPIH). Aus dem
Sequenzvergleich verschiedener zyklisch Nukleotid-Bindestellen wurden degenerierte Primer
abgeleitet. Mit diesen Primern wurde aus der cDNA von Gonaden männlicher Seeigel ein
PCR-Fragment amplifiziert. Die vollständige cDNA wurde aus einer cDNA-Bibliothek
isoliert. Die gewebespezifische Expression des SPIH-Gens wurde in Northernblot-Analysen
untersucht. In den Gonaden männlicher Seeigel wurden zwei unterschiedlich große
Transkripte nachgewiesen, deren Größe gut mit der Größe der isolierten cDNA
übereinstimmt. Zur Lokalisation des Kanalproteins in Seeigelspermien wurden spezifische
Antikörper hergestellt. Immunzytochemische Experimente zeigten, daß das SPIH-
Kanalprotein in den Flagellen exprimiert wird. Westernblot-Analysen mit getrennten Kopf-
und Flagellenfraktionen konnten dieses Ergebnis bestätigen. Der Vergleich von nativem und
heterolog exprimiertem Kanalprotein zeigte, daß das native Kanalprotein in den Spermien
-vermutlich mehrfach -phosphoryliert vorliegt.
Die Aminosäuresequenz des SPIH-Kanals ähnelt sowohl den Sequenzen von
spannungsabhängigen K+-Kanälen als auch von CNG-Kanälen. Sie weist sechs
transmembranale Segmente (S1-S6), eine Porenregion und eine Bindestelle für zyklische
Nukleotide auf. Die funktionelle Charakterisierung des heterolog exprimierten Kanalproteins
zeigte, daß der SPIH-Kanal ein spannungsabhängiger Ionenkanal ist, der nach
Hyperpolarisation der Membran öffnet. Die starke Einwärtsrektifizierung entsteht dadurch,
daß der Kanal bei positiven Spannungen entweder nicht aktiviert oder inaktiviert ist. Die
Bindung von cAMP an das Kanalprotein verändert den Zeitverlauf und die Amplitude des
Einwärtsstroms, indem die Offenwahrscheinlichkeit erhöht wird. Der SPIH-Kanal ist nur
schwach K+-selektiv. Die relative Permeabilität der verschiedenen Ionen wird durch die
extrazelluläre K+-Konzentration beeinflußt. Der Strom durch den SPIH-Kanal wird durch
geringe Konzentrationen extrazellulärer Cs+ -Ionen spannungsabhängig blockiert.
Die funktionellen Eigenschaften des SPIH-Kanals ähneln den Eigenschaften, die für die Ih-
Kanäle verschiedener Vertebratenzellen beschrieben wurden. Es gibt jedoch auch einige
charakteristische Unterschiede, deren molekulare Ursachen zukünftige Untersuchungen klären
müssen.
Die physiologische Bedeutung des SPIH-Kanals in Seeigelspermien ist unklar.
Möglicherweise ist er -in Analogie zu den Ih-Kanälen in Herzschrittmacherzellen- auch in
Spermien an der Erzeugung rhythmischer Aktivierungsmuster beteiligt, die Ca2+-Oszillationen
nach sich ziehen und dadurch das Schwimmverhalten der Spermien steuern.
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