Verlag des Forschungszentrums Jülich

JUEL-3413
Lückge, Andreas
Ablagerung und Frühdiagenese organischen Materials in marinen Hochproduktivitätsgebieten
161 S., 1997

Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es, das organische Material in Auftriebsedimenten, das im Rahmen des "Ocean Drilling Programs" während der Legs 112 (Sites 679, 681 und 688) und 117 (Sites 720, 723 und 724) an den Kontinentalhängen vor Peru und Oman erbohrt wurde, mittels eines interdiziplinären Ansatzes geochemisch und mikroskopisch zu charakterisieren. Vergleichend wurden oberflächennahe Proben aus dem Hochproduktivitätsgebiet vor der Küste Pakistans im nördlichen Arabischen Meer analysiert. Die Untersuchungen sollten dazu beitragen, die Herkunftsgeschichte des sedimentären organischen Materials in solchen marinen Hochproduktivitätszonen zu klären und diese in ein Ablagerungsmodell zu integrieren bzw. Ablagerungsmechanismen aufzuzeigen.

Im Rahmen dieser Arbeit wurden mehr als 250 Proben aus insgesamt 14 Bohrungen auf diese Fragestellung hin bearbeitet. Zu den eingesetzten Analyseverfahren der Mikroskopie und der organischen/anorganischen Geochemie gehörten: Auflichtmikroskopie, Durchlichtmikroskopie, Transmissionselektronenmikroskopie (TEM), Rasterelektronenmikroskopie (REM), Elementaranalysen von Schwefel, Eisen und Stickstoff; Kohlenstoffbestimmung, Rock-Eval Pyrolyse, Pyrolyse-Gaschromatographie und reaktionskinetische Untersuchungen zur Kohlenwasserstoffbildung.

Die hohen organischen Kohlenstoffgehalte (bis 10 Gew.-% ) in den unter ausgeprägten Sauerstoffminimumzonen abgelagerten Sedimenten führten häufig zu der Aussage, daß solche sauerstoff-verarmten Ablagerungsmilieus für die bevorzugte Erhaltung organischen Materials verantwortlich sind. Mikroskopische und nanoskopische Untersuchungen im Rahmen dieser Studie zeigten jedoch, daß die strukturelle Erhaltung primärer organischer Substanz sehr gering ist. Im direkten Einflußbereich von Hochproduktivitätszonen bedingen mikrobielle Abbaureaktionen in der Wassersäule bereits eine weitgehende Umsetzung des primär produzierten organischen Materials. In den abgelagerten Gesteinen besteht die organische Substanz zum überwiegenden Teil (bis 99 Vol.-% ) aus unstrukturierten Aggregaten. In den Sedimenten, die außerhalb von Auftriebszellen abgelagert wurden, dominieren terrigene organische Partikel. Das primär produzierte, marine organische Material wurde dort fast vollständig remineralisiert. Berechnungen des Anteils an organischem Material, das die Sedimentoberfläche erreicht, ergeben, daß auch bei hohen Bioproduktivitätsraten im Oberflächenwasser, maximal 10 % des organischen Substrats beim Transport durch die Wassersäule erhalten bleiben. An den meisten untersuchten Lokationen führte der Sauerstoffentzug durch eine weitere Oxidation des organischen Materials in den Sedimenten rasch zur Etablierung eines anoxischen Mi1ietis und dem Einsetzen anaerober Abbauprozesse. Diese anoxische Zone beginnt dort bereits wenige Zentimeter/Dezimeter unter der Sediment/Wasser-Grenzfläche.

Die Ablagerung von organischem Material ist großen zeitlichen und räumlichen Variabilitäten ausgesetzt. Wie die geochemischen Daten zeigen, liegen vor der Küste Perus offenbar konstantere Ablagerungsbedingungen als im Arabischen Meer vor Oman vor. Dort können drei Teilintervalle mit verschiedenen Ablagerungsszenarien unterschieden werden. Im ältesten Intervall (oberes Pliozän -unteres Pleistozän) schränkte eine strukturelle Barriere die Wasserzirkulation sowie die Erosion des sedimentären Materials ein. Die Corg-reichen Sedimente entstanden bei einer hohen Paläoproduktivität unter sauerstoff-defizitären Bedingungen. Während des oberen Pleistozäns führte eine klimabedingte Abkühlung zu einem ozeanographischen Wandel. Dies hatte sowohl einen Rückgang der Paläoproduktivität als auch ein sauerstoffgesättigtes Ablagerungsmilieu und damit schlechteren Akkumulationsbedingungen des organischen Materials zur Folge. Im Zuge einer erneuten Erwärmung des Klimas zu Beginn des Holozäns etablierten sich erneut hohe Bioproduktivitätsraten und Sauerstoffmangelbedingungen. Geringere Akkumulationsraten an organischem Kohlenstoff in diesem Teilintervall stehen im direkten Zusammenhang mit den Strömungs- bzw. Erosionsverhältnissen aufgrund veränderter geologischer Randbedingungen.

Die Bestimmung der organischen Kohlenstoff-, Schwefel- und Eisengehalte sowie molekular- geochemische Ergebnisse der Pyrolyse-Gaschromatographie zeigen, daß die Sedimente abgesehen von den Tiefseelokationen (Sites 688 und 720) einer intensiven, mikrobiellen Sulfatreduktion ausgesetzt waren. Die Korrelationen zwischen Wasserstoffindizes und Abbauraten belegen den wichtigen Einfluß der Sulfatreduktion auf die Menge und Qualität des organischen Materials. Der Abbau von organischer Substanz durch Sulfatreduktion kann in den Sedimenten, die in der Sauerstoffminimumzone abgelagerten wurden, 50 % des an der Sedimentoberfläche angelieferten Materials ausmachen.

Der Einbau von bei der Sulfatreduktion produziertem Schwefel in das organische Material führt zu dessen Konservierung, da es von sulfatreduzierenden Bakterien nicht mehr als Energiequelle genutzt werden kann. Dieser Prozeß vollzieht sich in den obersten Metern des Sedimentkörpers. Bisher wurde angenommen, daß die Fixierung von Schwefel im organischen Material erst nach der Aufzehrung des gesamten reaktiven Eisens stattfindet. Die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Pyrolyse-Untersuchungen zeigten jedoch, daß die den organisch gebundenen Schwefel repräsentierenden Thiophene in hohen Konzentrationen in Sedimenten mit ausreichenden Eisengehalten vorkommen können.

Die Korrelation zwischen schwefelhaltigen Thiophenen und stickstoffhaltigen Pyrrolen, die auf Bestandteile des Chlorophylls zurückgehen, weisen daraufhin, daß ein direkter Zusammenhang zwischen der Art des eingetragenen organischen Materials und der Intensität der bakteriellen Sulfatreduktion besteht. Das hat zur Konsequenz, daß nicht nur eine günstige Erhaltung oder eine besonders hohe Bioproduktivität allein für die Akkumulation großer Mengen organischen Materials in marinen Hochproduktivitätsgebieten verantwortlich ist.

This study incorporates a detailed interdisciplinary approach involving geochemistry and microscopy to characterise organic matter in upwelling sediments along the continental margins ot Peru and Oman. The sediments were drilled during 'Ocean Drilling Program (ODP)'-Leg 112 (Sites 679,681 and 688) and Leg 117 (Sites 720,723 and 724), respectively. In addition samples from a high productivity area off Pakistan in the northern Arabian Sea were included to enable a comparison. The pulpose of these investigations were to provide an insight into the origin of sedimentary organic matter in marine high productivity areas and subsequently to integrate these findings into sedimentation models and to demonstrate sedimentation processes.

Over 250 samples from 14 different bore holes were investigated. The microscopic and organic/inorganic geochemical methods utilized were: Reflected light microscopy, transmitted light microscopy, transmission electron microscopy (TEM), scanning electron microscopy (SEM), elemental analysis of organic carbon, sulfur, iron and nitrogen, Rock-Eval pyrolysis, pyrolysis-gas-chromatography and kinetic experiments of the hydrocarbon generation potential.

The high content of organic carbon (up to 10 wt.-%) found in sediments deposited under an intense oxygen minimum zone suggested in the past that oxygen deficient environments are important for the preservation of organic matter. However, microscopic and nanoscopic investigations revealed that the structural integrity of primary organic matter is slight. Furthermore, it appears that in sediments under the immediate influence of high productivity areas, microbially catalyzed degradation processes within the water column result in the decay of primary organic material. The organic matter in sediments deposited underneath such high productivity zones consist mainly (up to 99 vol.-%) ot unstructured organic aggregates. In sediments outside these upwelling zones terrigenous organic particles are predominant. The primary marine organic matter has been almost completely remineralized. The fraction of organic matter reaching the sediment sufface was calculated to be at the most 10 %, even if the bioproductivity in the photic layer of the water column is high. At most investigated locations, further oxidation reactions ot organic matter in the sediment led to oxygen depletion, resulting in the establishment ot an anoxic environment and the initiation of anaerobic degradation processes. This anoxic zone was found a few centimeters below the sediment/water-interface.

The deposition of organic matter shows a broad spatial and temporal variability. The geochemical investigations suggest that the depositional conditions offshore Peru are less variable than those from the Arabian Sea off Oman. The studied sedimentary sequence off Oman can be subdivided into three intervals which are characterized by different environmental settings. In the oldest interval (upper Pliocene - lower Pleistocene) the sediments were deposited within a small marginal basin. Water circulation and erosion of sedimentary matter were restricted by a structural barrier. High productivity of sufface waters resulted in the accumulation of organic carbon rich sediments in oxygen-depleted bottom waters. During the upper Pleistocene global cooling caused a shift in oceanographic conditions resulting in lower paleoproductivity rates and oxygenated bottom waters. These factors led to the deposition of sediments containing only moderate amounts of organic matter. The global warming at the beginning of the Holocene caused enhanced bioproductivity and the establishment of oxygen- deficient bottom waters. In comparison to the first interval, lower accumulation rates of organic carbon are directly related to changes in oceanographic circulation patterns and stronger erosional events due to changes in geological boundary conditions.

Determination of the organic carbon, sulfur and iron contents and the molecular geochemical data of pyrolysis-gas chromatography illustrate that the sediments -with the exception of the deep-water locations (Sites 688 and 720) -are subjected to an intense microbial sulfate reduction. The correlation between hydrogen index and decay rate emphasizes the importance of sulfate reduction for the quantity and quality of organic matter. The degradation of organic matter via sulfate reduction in sediments within the oxygen minimum zone can account for up to 50 % of the initially deposited material at the sediment surface.

The incorporation of excess sulfur produced during sulfate reduction into organic matter leads to its preservation since it can no longer be used as a source of energy for sulfate reducing bacteria. This process occurs in the uppermost meters of the sedimentary column. So far it has been assumed that the incorporation of sulfur into organic matter takes place only after the consumption of reactive iron. However, pyrolysis-gas chromatography results showed that thiophenes representing organically bound sulfur are present in high concentration even in sediments with sufficient iron contents.

The correlation of sulfur containing thiophenes and nitrogen bearing pyrroles (which is a component of chlorophyll) demonstrate a direct relationship between type/origin of organic matter and the intensity of microbial sulfate reduction. These results show that the conservation or bioproductivity are not solely responsible for the accumulation of organic matter rich sediments below marine high productivity areas.

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Letzte Änderung: 07.06.2022