Verlag des Forschungszentrums Jülich
JUEL-3989
Witthuhn, Barbara Susanne
Steuerung der Bioverfügbarkeit von Chroaromaten durch Tensid-modifizierte Tonminerale - Sorption und biologischer Abbau
III, 136 S., 2003
Thema dieser Arbeit war die Steuerung der Bioverfübarkeit von Chloroaromaten durch
Sorption an Tensid-modifizierte Tonminerale . Dafür wurde zunächst das Sorptionsverhalten
von 2,4-Dichlorphenol (DCP) und Monochlorbenzol (MCB) an Tonmineralen, die
mit verschiedenen quartären Alkylammoniumverbindungen (Kationtensiden) modifiziert
waren, charakterisiert . Der Einfluß der Tensidart und des Modifizierungsgrades auf die
Sorption wurde geprüft, sowie ein Vergleich des Sorptionsverhaltens der beiden
Chloraromaten durchgeführt . Neben der Bestimmung der Sorptionsisothermen wurde
die Kinetik der DCP-Sorption beispielhaft an einem Organoton untersucht . Ein weiterer
Aspekt war der Einfluß eines zweiten Feststoffes (Aquifermaterial) auf das Sorptionsverhalten
der beiden Chloraromaten und die Adsorption an verschiedenen Mischungsverhältnissen
aus den beiden festen Phasen . Die aus den Sorptionsmessungen erhaltenen
Daten dienten als Grundlage für die Kombination der Sorption an Organotone
mit biologischem Abbau und der Beobachtung der wechselseitigen Beeinflussung von
Sorptions- und Abbauprozessen . Ziel dieser Untersuchungen war herauszufinden, ob
und welche Organotone als Adsorbentien mit mikrobiologischen Sanierungsverfahren
kombiniert werden können und ob bioverfügbare Schadstoffkonzentrationen durch die
Zugabe von Organtonen eingestellt werden können .
Untersuchungen zum Adsorptionsverhalten der Chloraromaten zeigten, daß die
Adsorptionskapazität nicht nur von dem organischen Kohlenstoffgehalt der Organotone
abhing, sondern vor allem von der Natur, der zur Modifizierung verwendeten
Kationtenside und dem Grad der Modifizierung: Beides Faktoren, die die Anordnung
der Tenside auf den Tonmineraloberflächen und in den -zwischenschichten
beeinflussen . Die Adsorption erwies sich als vollständig reversibel . DCP und MCB
interkalierten in die Zwischenschichten der Organotone, was über die Zunahme des
Schichtabstandes röntgenographisch nachgewiesen werden konnte .
Für die DCP-Adsorption konnte der Anfangsbereich der Isothermen aller untersuchten
Organotone durch die Langmuir-Gleichung beschrieben werden . Bei den Isothermen,
die über einen weiten Konzentrationsbereich gemessen wurden, konnte man das Auftreten
einer zweiten Stufe beobachten . Dieser erneute Anstieg der Adsorptionskapazität
konnte durch Umstrukturierung der Alkylketten in den Zwischenschichten der Organotone
oder eine veränderte Zwischenschichtzusammensetzung, die eine weitere Adsorption
begünstigt, erklärt werden . Sowohl die Isothermenform, als auch Beobachtungen
hinsichtlich der Affinität gegenüber verschiedenen Modifizierungsarten, lieferten
Hinweise auf den Adsorptionsmechanismus von DCP. Es handelt sich dabei anscheinend
um eine Kombination aus einem Verteilungsprozeß in der lösungsmittelähnlichen
Phase der Alkylketten der Kationtenside und einer Adsorption an definierten Plätzen .
Die Adsorptionsisothermen von Monochlorbenzol besitzen eine konkave Krümmung,
dies spricht für einen Adsorptionsmechanismus, der vorwiegend durch Verteilungsprozesse
charakterisiert wird .
Beide Adsorptionsprozesse werden durch die Anordnung der Alkylketten in den Zwischenschichten,
sowie der Zusammensetzung letzterer bestimmt. Bei teilmodifizierten
Tonmineralen trat daher die Frage auf, ob alle Zwischenschichten gleichmäßig teilmodifziert
sind, oder es sich um eine Mischung aus nicht-modifizierten und vollständig
modifzierten Schichten handelt. Die Ergebnisse der hier durchgeführten Untersuchungen
deuteten auf das Vorliegen homoionisch belegter Schichten hin .
Die Kinetik der DCP-Sorption wurde exemplarisch an einem zu 89% der Kationenaustauschkapazität
mit Dodecyltrimethylammoniumbromid modifizierten Schichtsilikat
(C12-89-MM) untersucht . Sowohl Ad- als auch Desorption waren nach wenigen Minuten
abgeschlossen, wobei die Desorption etwas langsamer verlief, als die Adsorption . Bei
Ad- und Desorption führte eine Zunahme der DCP-Konzentration zu einer erhöhten
Sorptionsgeschwindigkeit . Die gemessenen Kinetikkurven ließen sich sehr gut durch
ein Modell von Nzengung,[108] das nur eine Variable enthielt, beschreiben . Eine Ausnahme
bildete die Adsorption bei 0,405 mmol/L DCP, was als Hinweis auf eine Änderung
des Reaktionsmechanismus bei dieser Konzentration (beginnende Interkalation)
gedeutet wurde .
Die Experimente an Gemischen aus Organotonen und Aquifermaterial wurden im
Hinblick auf einen möglichen technischen Einsatz der Organotone in Sanierungsverfahren
(reaktiven Wänden) durchgeführt . Aufgrund der geringen hydraulischen Leitfähigkeit
der reinen Organotone müßten diese bei Verwendung in einer durchströmten
Wand mit einem weiteren durchlässigeren Material (in diesem Fall Aquifermaterial)
versetzt werden . Es zeigte sich, daß sowohl für DCP als auch für MCB in einem Aquifermaterial/
Organoton-Gemisch die Adsorptionsprozesse/-mechanismen durch den
Organoton-Anteil bestimmt werden. Über das Verhältnis Aquifermaterial/Organoton
konnte die Adsorptionskapazität gesteuert werden .
Für die Untersuchungen des Einflusses des Organotons auf den mikrobiologischen
Schadstoffabbau wurde aufgrund von Voruntersuchungen ein zu 35% der Kationenaustauschkapazität
mit Dioctadecyldimethylammoniumbromid modifiziertes
Tonmineral (2C18-35-MM) als Adsorbens ausgewählt . Dieses zeigte keinerlei toxischen
Effekt auf das Wachstum von Bakterien, das adsorbierte Tensid konnte von den Organismen
auch nicht abgebaut werden, war also nicht bioverfügbar .
Im System I, bestehend aus DCP und Ralstonia eutropha galt, daß das an den Organoton
adsorbierte DCP im gebundenen Zustand nicht bioverfügbar war, während
die Bakterien in der Lage waren, gelöstes DCP vollständig zu mineralisieren . Dies
konnte nachgewiesen werden, indem in toxischen Konzentrationsbereichen durch Adsorption
die in Lösung befindliche DCP-Menge auf eine nicht-toxische Konzentration
abgesenkt wurde. Bei Verfügbarkeit der Gesamtmenge DCP (gelöst und adsorbiert)
hätte eine schädigende Wirkung auftreten müssen . Dies war nicht der Fall. Statt dessen
fand Abbau von DCP statt. Dieser bewirkte eine Verringerung der Gleichgewichtskonzentration
in Lösung, durch die reversible Bindung des DCP und die schnelle
Desorption erfolgte eine direkte Nachlieferung von vorher gebundenem DCP und somit
Abbau der gesamten im System vorhandenen Schadstoffmenge.
Auch im System II, mit MCB als Schadstoff und Rhodococcus B528 als abbauendem
Organismus, wurde mit und ohne 2C18-35-MM ein vollständiger Abbau des zugegebenen
MCB gefunden .
Zusammenfassend lassen die hier vorgestellten Ergebnisse den Schluß zu, daß sich
die Organotone für einen Einsatz als Adsorbentien in mikrobiologischen Sanierungsverfahren
sehr gut eignen : Durch die Art und den Grad der Modifizierung kann das
Adsorptionsverhalten eingestellt werden. Die durch lonenaustausch gebundenen Tenside
sind nicht bioverfügbar, was dazu führt, daß der Organoton stabil bleibt, und einen
toxischen Effekt der Kationtenside gegenüber Bakterien ausschließt. Die Schadstoff
Konzentration kann durch die Zugabe der Organotone auf ein definiertes Niveau abgesenkt
werden, was dazu dienen kann, optimale Abbaubedingungen einzustellen . Liegen
toxische Konzentrationen vor, können diese durch Sorption auf biologisch abbaubare
Konzentrationen gesenkt werden und so eine biologische Sanierung überhaupt
erst ermöglichen. Die Reversibilität der Sorption und die schnelle Desorption garantieren
die erneute Freisetzung der adsorbierten Schadstoffe, sobald sich die Konzentration
in Lösung verringert .
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